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Gelbbindige Furchenbienen (Halictus scabiosae)

 

Solitär oder ein bisschen mehr oder weniger sozial leben, das ist die Frage

 

Text und Bilder © Markus Schuerch

 

Die gelbbindigen Furchenbienen, auch Skabiosen-Furchenbienen genannt (Halictus scabiosae), erkennt man an den ockergelben Hinterleibsbinden und an einer auffälligen filzigen Behaarung an der Basis der Hinterleibsrückenschilder (Westrich, 2018).

Diese mittelgrossen (12 – 14 mm) Wildbienen sind tendenziell leicht grösser als Arbeiterinnen unserer Honigbienen (Apis mellifera) und kommen in der Schweiz verbreitet vor. Die gelbbindigen Furchenbienen sind besonders interessant wegen ihres flexiblen Sozialverhaltens. Es wurde auch beobachtet, dass diese Bienen gelegentlich gewaltsam Nester von anderen Bienen (z.B. Lasioglossum nigripes) übernehmen (Westrich p82).

Die gelbbindigen Furchenbienen kommen in Zentral- und Südeuropa vor (Ulrich et al, 2009). Sie haben in den letzten Jahren ihr Verbreitungsgebiet Richtung Norden und in höhere Lagen (bis 1000 Meter) erweitert und gehören demzufolge zu den Profiteuren der Klimaerwärmung (Westrich, 2018). In der Schweiz kommen sie in allen Landesteilen vor und sind verbreitet (Amiet et al, 2019). Ihre Nester bauen sie im Boden vor allem an trockenwarmen Ruderalstellen. Unter günstigen Bedingungen können grössere Kolonien entstehen (Westrich, 2018). Die gelbbindigen Furchenbienen wurden auf Blüten von fünf verschiedenen Pflanzenfamilien beobachtet. Neben Korbblütler, die bevorzugt angeflogen wurden, konnten sie auch auf Glockenblumen, Winden, Geissblattgewächsen und Tamariskengewächsen nachgewiesen werden (Westrich, 2018).

In der Schweiz produzieren die Weibchen in ihrem Leben zwei Generationen pro Jahr. Sie gründen im Frühling allein oder in kleinen Gruppen neue Nester. Nestgründung durch zwei bis vier Gründerweibchen wurden in zirka einem Drittel der Nester beobachtet (Ulrich et al, 2009). Ein dominantes Gründerweibchen scheint aber meist ihre Mitgründerinnen mit der Zeit zu vertreiben und erlebt das Schlüpfen der ersten Nachkommensgeneration, die hauptsächlich aus Weibchen besteht, allein. Dies geschieht im Juni/Juli. Diese Weibchen sind generell kleiner als die Gründer-Weibchen und verbleiben meist im Geburtsnest. Diese besitzen auch weniger Fettreserven. Es wird vermutet, dass durch diese Unterversorgung die Weibchen dieser ersten Generation eher der Gründerin helfen, die zweite Brut aufzuziehen, als selber Nachwuchs zu erzeugen.

 

Die Hilfeleistung der Erstgeneration-Weibchen an die Aufzucht der zweiten Generation wird als primitiv eusozial bezeichnet.

 

Weibchen und Männchen der zweiten Generation schlüpfen dann im August/September, paaren sich,  überwintern und gründen im nächsten Frühling eine neue Brut (Brand et al, 2012; Brand, 2014).

Bei einer verwandten Furchenbienenart, Halictus rubicundus, die auch in der Schweiz verbreitet vorkommt, wurde in Grossbritannien und Irland beobachtet, dass Populationen dieser Art im Norden und in Höhenlagen solitär waren. In südlichen Breiten und in tieferen Lagen dagegen verhielten sie sich sozial. Bei den solitär lebenden Tieren, grub jeweils ein Gründerweibchen ein Nest allein aus und verproviantierte die Brutzellen der zirka sechs Nachkommen, die sich verpaarten, überwinterten und im nächsten Frühling eine neue Generation begründeten. Bei den sozial lebenden Tieren, übernahm ein Teil der Weibchen der ersten Generation (erste Töchter des Gründerweibchens) Hilfsdienste um die Weibchen und Männchen der zweiten Generation aufzuziehen. Befruchtete Weibchen der zweiten Generation überwinterten und starteten im Frühling einen neuen einjährigen Zyklus. Interessanterweise konnten Forscher experimentell nachweisen, dass ursprünglich solitär lebende Tiere in einer neuen lebensfreundlicheren wärmeren Umgebung meist sozial wurden und umgekehrt. (Field et al, 2010).

Kooperatives und altruistisches Verhalten wird neben klimatischen Faktoren wie Temperatur auch durch das Vorhandensein von Sozial- oder Brutparasitismus, Räubern, oder Beschränkung von Örtlichkeiten für Nestbau begünstigt (Brand, 2014).

Die oben beschriebenen Lebensformen der zwei Furchenbienenarten wird als primitiv eusoziale Lebensweise bezeichnet. Bei primitiv eusozialen lebenden Bienen unterscheiden sich die Gründer-Weibchen von ihren Helfernachkommen hauptsächlich durch die Körpergrösse: Die Gründerweibchen sind im allgemeinen grösser als ihre Helferinnen und die Dauer von Nestgründung bis zum Produzieren von neuen Gründerinnen dauert meist eine Saison, der ganze Zyklus also ein Jahr. 

Neben diesen primitiv eusozialen Arten gibt es hochentwickelt eusoziale Arten, wie die vorwiegend in Asien vorkommenden zirka zehn Honigbienenarten, zu denen „unsere“ domestizierten Honigbienen Apis mellifera gehört.  Diese besitzen verschiedene sogenannte Kasten, die sich bezüglich Gestalt deutlich voneinander unterscheiden. Bei den Honigbienen bilden Königin, Arbeiterinnen und Männchen drei verschiedene Kasten. Die Arbeits-Spezialisierung ist hier weit fortgeschritten. Es gibt hier neben der Eier legenden Königin Arbeiterinnen, die das Nest bauen und verteidigen, sowie für die Brut Nektar und Pollen sammeln. Die sich folgenden Generationen überlappen zeitlich und die Lebensdauer eines ‚Nestes‘ ist mehrjährig.

Zirka 10 Prozent der weltweit 20‘000 Bienenarten leben mehr oder weniger sozial. Die überwiegende Mehrzahl (77%) aber lebt solitär. D.h. die Gründerweibchen bauen die Nester selber und verproviantieren die mit einem Ei versehenen Zellen mit Nektar und Pollen selbst. Sie sterben im allgemeinen noch bevor ihre Nachkommen ausgeschlüpft sind.  Die verbleibenden, etwas mehr als 10 Prozent der Bienenarten leben parasitisch, d.h. sie leben auf Kosten anderer Bienen, z.T. nah verwandter Arten wie bei einigen Hummeln. (Danforth et al, 2019).

 

 

Bibliographie          

Amiet F, Krebs A (2019) Bienen Mitteleuropas. Paul Haupt Verlag, 423 pp. ISBN 978-3-258-08104-5.

Danforth, BN et al (2019)  The Solitary Bees. Biology, Evolution and Conservation. Princeton University Press. Kindle-Version.  472 pp. ISBN 9780691168982.

Brand N, et al (2012) Born to be bee, fed to be worker? The caste system of a primitively eusocial insect.  Frontiers in Zoology. 9: 35(-44).

Brand N (2014) Social evolution in the sweat bee Halictus scabiosae. Thesis University of Lausanne. 89 pp. URL: https://serval.unil.ch/resource/serval:BIB_0A0BFEA3603B.P001/REF, downloaded 12.1.2022. Originally published as Thesis, University of Lausanne

Michez D, et al (2019) Bees of Europe. NAP Editions. 547 pp. ISBN 978-2-913688-34-6.

Westrich P (2018) Die Wildbienen Deutschlands. Eugen Ulmer Verlag. 824 pp. ISBN 978-3-8186-0123-2.

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